Parade
Liebe, Rache, Trauer, Zorn – schon immer sind
es die großen Gefühle, die auf der Bühne das
Publikum begeistern. Marita Paparizou, die griechische
Mezzosopranistin mit wunderbar ausgeprägtem
Talent zur Koloratur, überzeugt in
großen Rollen auf den Bühnen weltweit. Mit den I
Solisti Veneti stehen ihr für ihr Arienalbum
ausgewiesene Experten der Barockoper zur
Seite: Die Einspielungen unter der Leitung von
Claudio Scimone haben Interpretationsgeschichte
geschrieben.
Passion
Besonders opulent geht es in der Barockzeit zu,
extrovertierte Koloraturen treffen auf intim besungenen
Schmerz, oft in einem Atemzug. Und
zwischen Kirche und Oper machten die Komponisten
ohnehin keinen Unterschied: beides ist
großer Ausdruck, große Leidenschaft. Antonio
Vivaldis „Stabat Mater“ ist eine schmerzerfüllte
Trauerarie, schon die Tonart f-Moll betont den
extremen Seelenzustand der Gottesmutter, lange
dissonante Vorhalte sorgen bereits im instrumentalen
Vorspiel für Gänsehaut, und wenn der
chromatisch durchsetzte Gesang einsetzt, kann
sich niemand der Stimmung entziehen. Was für
ein Kontrast die temperamentvolle Sturmszene in
„Sorge l’irato nembo“ aus „Orlando Furioso“…
Pyrotechnik
1713 präsentierte Händel seinen „Theseus“ in
London: Es war ein kompositorischer
Wendepunkt, denn nun integrierte er die
effektvolle virtuose italienische Soloarie in die
französische Tragédie Lyrique. Noch heute
fasziniert es ungemein, wie Händel seine Medea
in „Moriró, ma vendicata“ vom herzzerreißenden
Todesschmerz zur ungebändigten Rachelust
führt.
Primadonna
Ferdinando Bertoni war lange Zeit allenfalls der
Musikwissenschaft ein Begriff – dabei hat der
Venezianer nicht weniger als 70 Opern
komponiert. Er war so populär, dass sogar
Aufführungen seiner Werke durch Haydn
überliefert sind und seine Arie „Addio miei sospiri“
sogar in Glucks Opern unverzichtbar war. „Lebe
wohl, mein Seufzen“ - auch er umkleidet diese
starken Worte mit halsbrecherischen Koloraturen,
die buchstäblich das staunende Publikum in
Atemnot bringt und lässt im selben Moment das
Blut, eben noch wild in Wallung, in den Adern
gefrieren… Marita Paparizous neues Album zeigt
die ganze Bandbreite existenzieller Emotionen –
und fasziniert.