Mutiges Debüt
Dass nach mehr als 120-jähriger Tradition eines
Orchesters die erste Schallplatte den Weltmarkt
erreicht, ist schon eine Besonderheit. Vielleicht liegt
das an dem erst vor wenigen Jahren bezogenen
Konzerthaus. Jedenfalls glänzen die Dortmunder
Philharmoniker und ihr neuer GMD Jac van Steen mit
einer fabelhaften 6. Sinfonie von Antonin Dvorak, die
ergänzt wird durch drei eher selten aufgeführte
Konzertouvertüren op. 91 – 93 zu einem mehr als 80-
minüten Klangrausch.
Dreisprung
Nach erfolgreicher Aufführung von Dvoraks dritter
„Slawischer Rhapsodie“ in Wien sollte der Böhme für
die folgende Konzertsaison eine Sinfonie abliefern,
die dem Geschmack des von Beethoven- und
Brahms-Kompositionen verwöhnten Wiener
Publikums entsprechen sollte. Dvorak gelang das
Kunststück. Er würzte seine „Sechste“ mit Parallelen
zu der 2. Sinfonie von Brahms und Anspielungen an
die Sinfonik Beethovens, gab ihr aber dennoch eine
eigene musikalische Individualität. Zur Uraufführung
in Wien reichte es Ende 1880 aber nicht: Der
beginnende böhmische Nationalitätenstreit ließ es
doch nicht opportun erscheinen, die Werke eines
Tschechen in zwei aufeinander folgenden Spielzeiten
zur Aufführung zu bringen...
Dreiklang
Zehn Jahre später lässt Dvorak seiner Vorliebe für die
Poesie in der Musik freien Lauf. In seiner
Konzertouvertüren-Triologie „Natur, Leben und Liebe“
schildert er eindrucksvoll die verschiedenen Seiten
menschlichen Daseins. Mal lässt er Fagott und Flöte
den Ruf des Kuckucks und fröhliches Vogelgezwitscher
nachahmen, dann klingt der Karneval als
einer der lebensfreudigsten Momente überhaupt an,
schließlich nimmt er Shakespeares „Othello“ zum
Anlass, die Tragik der Liebe musikalisch umzusetzen.
Extra-Drei
Bisher haben wir Jac van Steen im zeitgenössischen
Repertoire kennen gelernt. Auf dieser prachtvollen CD
gibt er eine beeindruckende Visitenkarte nicht nur für
seine Dortmunder Philharmoniker ab, sondern auch
für sein Klanggeschick im Gestalten des
romantischen Repertoires.