Ruf der Berge
Winterthur ist eine Versicherung. Vor allem für die Wiener
Avantgardisten Alban Berg, Anton Webern und Arnold
Schönberg, die – in ihrer Heimat verfemt – gern den
Einladungen von Werner Reinhart folgten. Dieser
weitsichtige Mäzen baute nicht nur eine der wichtigsten
europäischen Musikaliensammlungen auf, sondern er
ermöglichte auch vollständige Konzertzyklen für sein
Musikkollegium Winterthur.
Seitensprung
Schönberg war der erste, der einen Sprung in die Atonalität
wagte. Zwar ist sein Streichquartett op. 10 noch „in fis-moll“
notiert, doch bildet diese Tonart nur das Startsignal zu
neuen musikalischen Welten. Wenn das populäre Lied „O,
du lieber Augustin…alles ist hin“ erklingt, scheint das den
Abgesang zu unterstreichen. Allerdings gibt es auch eine
andere Deutung: Das Liedzitat wie auch die Verwendung
zweier Gedichte im Finale des Streichquartetts könnten
Ausdruck größter Enttäuschung des Komponisten über die
Liebesbeziehung seiner Frau mit einem Porträtmaler sein.
Ferne Geliebte
Auch die Lyrische Suite von Alban Berg ist im Kern eine
sorgfältig verheimlichte, aber offenbar höchst inspirierende
Beziehung zur Industriellen-Gattin Hannah Fuchs. Eine
wieder aufgefundene (Geheim)Partitur offenbart kunstvolle
Zahlenbezüge und Tonbuchstaben als „kleines Denkmal
einer großen Liebe“ – Berg hatte zeitlebens diese starke
Zuneigung verschwiegen.
Gratwanderung
Anton Weberns Variationen für Orchester op. 30 haben
einen ganz direkten Bezug zum Musikkollegium Winterthur.
Es ist Werner Reinhart zu verdanken, dass Webern, der in
Österreich in völliger politischer Isolation lebte, der
feierlichen Uraufführung in Winterthur beiwohnen durfte.
Webern bedankte sich für die Zuneigung durch eine
Widmung für seinen Mäzen. Reinhardt hatte sämtliche
finanziellen und diplomatischen Mittel eingesetzt, um
Webern 1943 die Reise in die Schweiz zu ermöglichen.
Gipfelstürmer
Claudia Barainsky legte eine Blitzkarriere hin, die sie
innerhalb kürzester Zeit mit internationalen Opernhäusern
und führenden Dirigenten zusammenbrachte. Dass ihr
parallel dazu als Liedersängerin eine internationale Karriere
gelang, machte sie für das Musikkollegium Winterthur und
ihren Chefdirigenten Jac van Steen zur Traumbesetzung.