Griff
Dass die Pianisten von der Kunstfertigkeit der
chopinschen Kompositionen am meisten profitierten,
ist hinlänglich bekannt. Dass gerade die Geiger vom
Genie Frédéric Chopins Besitz ergriffen und dabei
gern die Pianisten zu Statisten degradierten, ist eine
Kuriosität der Musikgeschichte, eindrucksvoll
dargestellt von der polnischen Geigerin Joanna
Madroszkiewicz und ihrem Wiener Partner Paul
Gulda.
Sucht
Ausgerechnet mit den Kompositionen des eher
scheuen Chopin traten geltungssüchtige Virtuosen
aus der intimen Atmosphäre der französischen Salons
in das Glanzlicht der Konzertbühnen: allen voran
Pablo de Sarasate und Fritz Kreisler.
Stolz
Sarasate gilt in der Szene nicht gerade als zimperlich,
was die Handhabung von Urheberrechten angeht:
Kritiker konnten ihm nachweisen, daß nur 24 Takte
seiner berühmten „Zigeunerweisen“ auf ihn
zurückgehen. Seine Bearbeitungskunst hatte nun
wieder geniale Züge – der Mann, der sich weigerte,
Brahms’ Violinkonzert zu spielen (weil er sich nicht die
einzige Melodie in dieser Komposition von der Oboe
vorblasen lassen wollte), „komponierte“ nach
Herzenslust Chopins Walzer und Nocturnes...
Schelm
Anders als Sarasate bereicherte Kreisler sein
Repertoire an Zugabestücken durch wirkliche
Eigenkompositionen. Die jedoch schrieb er gern
unbekannten Komponisten zu (Nicht selten dachte er
sich dabei auch schöne Namen aus). Als Chopin-
Bearbeiter hatte er den Schalk nicht minder im
Nacken...
Spiel
Ein breitgefächertes Repertoire macht die junge
polnische Künstlerin Joanna Madroszkiewicz zu einer
Ikone unter den Violinvirtuosen unserer Zeit. 1994
wurde ihr das Offizierskreuz für Verdienste um die
Republik Polen verliehen. Sie debutierte 1998 bei
MDG mit vielbeachteten Einspielung der virtuosesten
Werke Wieniawskis – „Luxusfutter für Freunde
geigerischer Virtuosität“ (KLASSIK HEUTE). Paul
Gulda steht in der Nachfolge seines berühmten
Vaters. Dirigenten wie Kurt Masur, Yehudi Menuhin
und Zubin Mehta waren seine Partner. Der
hochbegabte Pianist belegt eins um andere Mal, daß
er das ihm zugeschriebene Bonmot beherzigt: „Es
heißt Klavierspiel, nicht Klavierkampf.“