Spürnase
Friederike Roth, quirlige Klarinettistin des
entdeckungsfreudigen Berolina Ensembles, ist wieder
fündig geworden: Unterstützt vom Orchester des
Brandenburgischen Staatstheaters aus Cottbus
überrascht sie mit vier Klarinettenkonzerten von Iwan
Müller, der sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts wie
kein zweiter um die Entwicklung der Klarinette
verdient gemacht hat. Müllers „Clarinette
omnitonique“ erlaubte erstmals chromatisches Spiel
über mehr als vier Oktaven und begeisterte die
zeitgenössischen Virtuosen in Europas Musikzentren.
Um seine Erfindung angemessen zu präsentieren,
schrieb er etliche Solokonzerte – und bewies damit
neben zukunftsweisendem Erfindergeist auch ein
sicheres Gespür für wirkungsvolle Unterhaltungsmusik
auf höchstem Niveau.
Phönix
Wie viele geniale Erfinder war Müller seiner Zeit
voraus; erst knapp dreißig Jahre später wurde die
chromatische Klarinette von der Kommission des
Pariser Conservatoire gebilligt – leider entschied man
sich für das Modell eines Mitbewerbers … Müllers
Fabrik ging in die Pleite, und der Virtuose musste
wieder konzertieren – zum Glück für uns – mit
eigenen Stücke. Dabei orientierte er sich wenig am
klassischen Instrumentalkonzert, viel mehr faszinierte
ihn die italienische Oper, um die erstaunliche
Wandlungsfähigkeit seines Instrumentes wie eine
Singstimme unter Beweis zu stellen.
Wurf
Iwan Müller – Sohn deutscher Eltern - hinterließ erste
musikalische Spuren am Zarenhof in Sankt
Petersburg. Das mag das melancholisch anmutende
Konzert in a-Moll mit seinen hinreißend slawischschwermütigen
Passagen unterstreichen. Festlich, mit
Pauken und Trompeten ist das 5. Konzert besetzt,
und die sehr eigenwillige Behandlung der Holzbläser
lässt in der Ferne schon die Romantik eines Carl
Maria von Weber erahnen. Im 6. Konzert gelingt
Müller ein formaler Geniestreich: Die thematische
Verbindung der drei Sätze zu einer dramatischen
Einheit wird erst viele Jahre später von Franz Liszt
wieder aufgenommen.
Frischluft
Ein Duo Concertante hat sich immer einer enormen
Popularität erfreut. Hier ist Johannes Gmeinder der
famose Duopartner von Friederike Roth. Der
rossinimäßige Charme dieses Kleinods kommt mit der
spritzigen Begleitung der Cottbuser unter der Leitung
von GMD Evan Christ bestens zur Geltung. Und in
MDGs dreidimensionalem 2+2+2-Sound lässt sich
wunderbar in die quicklebendige Stimmung während
der Aufnahmesitzungen zu dieser SACD-Neuentdeckung
eintauchen.