Geheimtipp
Nach zwei Ersteinspielungen mit den Kantanten des
Weihnachtsoratoriums von Gottfried Heinrich Stoelzel
präsentiert uns die Marienkantorei Lemgo unter der
Leitung von Rainer Johannes Homburg nun mit Johann
Caspar Ferdinand Fischer eine weitere Entdeckung.
Fischer machte vom späten 17. bis zur Mitte des 18.
Jahrhunderts neben seiner intensiven Tätigkeit als
Hofkapellmeister in Rastatt auch als sehr talentierter
Komponist geistlicher und weltlicher Instrumental- und
Vokalmusik auf sich aufmerksam.
Reifeprüfung
Im Böhmischen nahe Karlsbad geboren, erhielt Fischer
seine musikalische Grundausbildung in einer
Ordensschule am Sitz von Herzog Julius Franz von
Sachsen-Lauenburg, der damals eine beachtliche
Hofkapelle unterhielt. In diesem Umfeld reifte der junge
Mann als Musiker heran, durfte Erfahrungen im
herzoglichen Ensemble sammeln und wahrscheinlich
auch zu Studienzwecken nach Paris reisen. Auf jeden
Fall befindet sich dort eine Abschrift seiner acht
Orchestersuiten in der „Collection Philidor“ – eine hohe
Auszeichnung, da diese normalerweise nur
französischen Komponisten vorbehalten war. In der Suite
Nr. 1 – eine Hommage Fischers an seinen neuen
Landesherrn Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden –
ergänzt barockes Schlagwerk wirkungsvoll die
instrumentale Klangpracht.
Doppler-Effekt
Der ehemalige Ordensschüler schuf insgesamt zwölf
Messen, die allerdings nie gedruckt wurden. Es ist einem
großen Zufall zu verdanken, dass sie noch heute als
Unikate unversehrt in einer Prager Bibliothek
schlummern. Durch den Austausch des Kyries ist die
Missa in Contrapuncto sowohl für die Advents- als auch
für die Fastenzeit geeignet. Durch einen Bonustrack
kann der Hörer dieser Einspielung die Wiedergabe in
ähnlicher Weise den Jahreszeiten anpassen. Die Missa
Sancti Michaelis Archangeli ist mit fünf
Gesangsstimmen, Streichern und drei klangverstärkenden
Posaunen für festliche Anlässe komponiert
worden.
Nachhall
Der historischen Aufführungspraxis am Badischen Hof
entsprechend, begleitet die „Handel’s Company“ auf
historischen Instrumenten. Die feine Akustik der
historischen Hallenkirche in der Hansestadt Lemgo
kommt in Rainer Johannes Homburgs „geschmeidiger,
auf Transparenz und Intimität ausgerichteter
Interpretation“ (Fonoforum) gut zur Geltung.