Abschied
Drei Generationen originär tschechischer Musik des
20. Jahrhunderts präsentiert das Suk
Kammerorchester Prag auf dieser verdienstvollen
Wiederveröffentlichung. Janaček, Martinů und
Kalabis stehen auf dem Programm. Die
Digitalaufnahme aus dem Jahr 1988 ist außerdem
eine der letzten, die Josef Vlach, der langjährige
künstlerische Leiter des Ensembles, kurz vor
seinem Tod dirigierte, und somit in mehrfacher
Hinsicht ein ganz besonderes musikalisches
Vermächtnis.
Aufbruch
Leoš Janaček, der älteste Komponist dieser klugen
Zusammenstellung, gründet seinen unverwechselbaren
Tonfall auf Melodie und Rhythmus der
tschechischen Sprache. Die Suite für
Streichorchester, noch vor Abschluss seines
Leipziger Kompositionsstudiums entstanden, lässt
davon bereits eine Ahnung aufkommen: abrupte
Wechsel der Stimmung sorgen für eine
unromantisch Dramatik, die zusammen mit einem
feinen Sinn für lyrische Episoden schon in diesem
Jugendwerk zu einem sehr individuellen
Personalstil verschmilzt.
Anschluss
Bohuslav Martinů, der unter anderem beim
Namenspatron des Orchesters Josef Suk Geige
und Komposition studierte, bezieht sich oft auf die
Folklore seiner böhmischen Heimat. Vital,
tänzerisch und voller Esprit, lässt seine Musik ganz
deutlich auch neoklassizistische Einflüsse seiner
zeitweisen Pariser Wahlheimat erkennen. Mit
„Partita“ und „Serenade“ verweisen die Titel der
hier eingespielten Werke schon auf den
unbeschwerten und unterhaltenden Charakter der
Musik.
Anspruch
Das „Diptych“ komponierte Viktor Kalabis
schließlich für das Suk Kammerorchester, das sich
auch bei dieser expressiven Musik von seiner
besten Seite zeigt. Die ungekünstelte Musizierlust
des tschechischen Spitzenensembles hat schon
viele herausragende Musiker zur Zusammenarbeit
animiert, darunter Paul Tortelier, Igor Oistrach oder
Heinz Holliger. Mit knapp 20 Instrumentalisten
besetzt, verleiht das Orchester den Werken seiner
Heimat eine kammermusikalische Transparenz, die
auch nach 30 Jahren nichts von ihrer Frische
eingebüßt hat.