Vermächtnis
Viele Jahre seines Lebens hat sich der deutschfranzösische
Komponist Norbert Glanzberg der
Filmmusik, den Chansons und dem Show-
Business gewidmet. Erst im letzten Viertel seines
Lebens besann er sich auf seine jüdischen
Wurzeln: Er schrieb „Holocaust Lieder“ und die
„Suite Jiddisch“ für zwei Klarinetten. Kurz vor
seinem Tod im Jahr 2001 haben Frédéric
Chaslin und Daniel Klajner die Werke
orchestriert. Das Sinfonieorchester der Stadt
Mulhouse (Elsass) unter der Leitung von Daniel
Klajner und der Bariton Roman Trekel
präsentieren eine hoch ambitionierte und ebenso
einfühlsame wie feurige Super-Audio-CD mit
diesen eindrucksvollen Partituren eines
Komponisten, der sich mühelos in allen Genres
der Musik auskennt.
Umbruch
In Polen geboren, in Würzburg aufgewachsen
und als junger Komponist schon Shooting-Star
der UFA in Berlin, dann die Emigration nach
Frankreich, schließlich das Kriegsende und ein
Komponistenleben im Dunstkreis von Edith Piaf,
Yves Montand, Toni Rossi und Maurice
Chevalier. Nach dem Tod dieser Freunde fand
Glanzberg keinen Anschluss mehr an die
moderne Pop-Kultur, und er begann, sich auf
seine Herkunft zu besinnen.
Momentaufnahme
Die „Suite Jiddisch“ zeichnet Szenen aus dem
Leben in den Dörfern Osteuropas nach. Eine
verschwundene Welt, die Glanzberg selbst nur
aus Erzählungen kannte. Da erklingen
Wiegenlieder, ein Walzer, ein jüdisches
Hochzeitslied ... – und da wird mit Anklängen an
die Musik von Schostakowitsch an die Pogrome
der Kosaken erinnert. Die „Holocaust Lieder“
basieren auf Gedichten von KZ-Häftlingen, von
Juden und Widerstandskämpfern. Es sind ganz
besondere Studien – mal aufrüttelnd und
leidenschaftlich, mal intim und erschütternd
schlicht –, die in großer emotionaler Hingabe und
viel Einfühlungsvermögen von Roman Trekel
dargeboten werden.
Chapeau
Das Sinfonieorchester der Stadt Mulhouse
überwindet als Kulturbotschafter des Elsass
immer wieder Grenzen, um den guten Ruf der
Heimat zu vermehren. Vor Ort als Konzert-,
Opern- und Theaterorchester aktiv, hat sich der
Klangkörper seit 2005 unter seinem
Chefdirigenten Daniel Klajner stets neue Ziele
gesetzt. Man darf zu diesem ebenso wichtigen
wie ambitionierten und vor allem gut hörbaren
Projekt nur gratulieren.