Gipfeltreffen
Es sollte ein Wettbewerb der Superlative werden: Die bedeutendsten Pianisten seiner Zeit hatte Franz Liszt eingeladen, Variationen über den „Marsch der Hugenotten“ von Bellini zu komponieren. Und zuge-sagt hatte die internationale Crème de la Crème mit Chopin, Thalberg, Pixis, Czerny und Herz. Der gemeinsame Auftritt im Salon der Prinzessin Beliojoso in Paris fand jedoch nie statt. Claudius Tanski hat die Idee mit seinen Meisterschülern realisiert, und anders als Liszt vor 175 Jahren fügt er sich gleichwertig ein in den Kreis brillanter Jungstars, die die Fußstapfen ihrer unsterblichen Vorbilder mit Souveränität und Grandezza ausfüllen.
Spitzencluster
Liszts ungewöhnliches Engagement sollte die ganze Bandbreite pianistischer Möglichkeiten auf höchstem Niveau präsentieren. Und seine Kollegen enttäuschten ihn nicht: Manches gehört zum Besten, was die Verfasser jemals zu Papier brachten. Da gibt es atemberaubende Kaskaden, gewaltige Akkordtürme und aberwitzige Tastenakrobatik. Chopins „Largo“, kurz vor Schluss des Zyklus, ist hingegen von geradezu überirdischer Bescheidenheit, und Liszt, der seine größten Virtuosenerfolge bereits hinter sich hatte, öffnet die Tür einen Spalt breit, um eine Ahnung der impressionistisch anmutenden Harmonik seines Spätwerks hereinwehen zu lassen.
Liebesschwur
Auch Claudius Tanski konnte höchst unterschiedliche Künstlerpersönlichkeiten für sein ambitioniertes Projekt gewinnen. Johann Blanchard, Leon Buche, Carlos Goicoechea, Caroline Sorieux und Kanako Yoshikane gestalten das “Hexameron” mit frischer Virtuosität und tiefem Empfinden für die individuellen Qualitäten der Variationen, die sich auch in den hinzu gefügten Kompositionen widerspiegelt. Leon Buche riskiert sogar die Gradwanderung: Er verbindet in seiner schwelgerischen “Elegie” ungeniert Motive aus dem “Hexameron” mit Serge Gainsbourghs “Je t´aime”.
Platz und Sieg
Kein Wunder, dass es nie zum gemeinsamen Auftritt kam – zu groß war Liszts Anspruch auf die Führungsrolle. Und da ist sie also, die Preisfrage: Wer ist der Beste? Dank der Aufnahme auf einem Steinway-Konzertflügels in Bestform und in modernster 2+2+2-Mehrkanaltechnik kann der Hörer unmittelbar dabei sein und sich einfach ein eigenes Urteil bilden. Einfach? Vielleicht hilft das ebenso diplomatische wie salomonische Urteil der Prinzessin bei einem kleinen Gipfeltreffen: Thalberg ist der Erste, Liszt ist der Einzige… Hier ist sie also: Eine Sternstunde genreübergreifender Pianistik auf allerhöchstem Niveau!