Autostadt
Furiose Glissandi, monumentale Akkorde, atemberaubende
Geschwindigkeiten, komplizierteste Rhythmen
mit vielschichtigen Metren, orkanartige Tonkaskaden
neben zart hingehauchten Klangwölkchen... Solche
pianistisch unerhörten Möglichkeiten eröffnete plötzlich
das zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte
vollautomatische Player Piano. Strawinsky,
Hindemith, Toch, Antheil, Casella und Malipiero, sie
alle „entdeckten“ dieses Instrument und schufen
zwischen 1915 und 1927 Originalkompositionen für
das Selbstspielklavier - und Vol. 4 der Reihe „Player
Piano“ bei MDG.
Akkordarbeit
Igor Strawinsky schrieb 1917 die „Etude pour
Pianola“, nachdem er drei Jahre zuvor bei Aeolian in
London die Möglichkeiten des Player Pianos kennen
gelernt hatte. Später erschienen in Paris etwa 50
Notenrollen mit Transkriptionen seiner berühmtesten
Werke. Paul Hindemith trug Mitte der zwanziger Jahre
seine „Toccata op. 40/1“ bei und inspirierte andere
Komponisten zu mehreren Werken für
Selbstspielklavier, die in Donaueschingen aufgeführt
wurden.
Metropolis
1926 erklang das weltberühmte „Ballet Mécanique“
von George Antheil noch in datenreduzierter Form.
Ursprünglich hatte der Komponist von 16 selbstspielenden
Klavieren, umfangreichem Schlagzeug,
Telefonklingeln, Sirenen und drei Flugzeugpropellern
geträumt … Auch in der Version für zwei selbstspielende
Klaviere ist dieses Stück unbedingt
hörenswert, und so ist diese CD – nicht nur für Piano-
Fans - ein gigantisches Fest der Sinne.
Rasterfahndung
Bislang waren diese eindrucksvollen Zeugnisse der
Maschinenästhetik nur vereinzelt und in unbefriedigender
Qualität zugänglich. Nun ist es Jürgen
Hocker in jahrelanger Arbeit gelungen, diese diskographische
Lücke zu schließen. Der Enthusiast hat in
ganz Europa Original-Lochstreifen zusammengetragen
und sie für die Aufnahme auf seinem eigens
restaurierten Ampico-Bösendorfer-Selbstspielflügel in
liebevoller Kleinarbeit aufbereitet.