Meisterschüler
George Enescu ist kaum in eine stilistische
Schublade einzusortieren – das macht seine
Klaviermusik so besonders und interessant.
Natürlich immer wieder Anklänge an die
rumänische Heimat, aber auch französischer
Einfluss ist unüberhörbar, was nach Studien bei
Massenet und Fauré nicht überrascht – in Paris
gehörten Ravel und Koechlin zu seinen
Mitschülern. Mit den „Pièces Impromptues“ und
der Suite Nr. 2 hat sich Sina Kloke für ein
äußerst anspruchsvolles Debütprogramm
entschieden, das die junge Pianistin mit feinem
Gespür für die besonderen Farben und
phänomenaler Virtuosität präsentiert.
Doppelpass
Obwohl von Haus aus Geiger, komponiert
Enescu mit bewundernswerter Sicherheit für das
Klavier und zündet ein Feuerwerk an
Klangfarben. Dabei verlangt er Pianisten einiges
ab: Vollgriffige Akkorde, bis ins Feinste verästelte
Polyphonie und komplexe Rhythmen fordern eine
souveräne Klaviertechnik und ein besonderes
Gespür für die Valeurs der folkloristischen
Anklänge.
Vielseiter
Gregorianische Melodien, mit Mixturklängen
harmonisiert, werden im „Carillon Nocturne“ von
entfernten Glocken umrahmt, die an Ravels
„Vallée des cloches“ erinnern; ausgelassene
Spielfreude prägen die „Bourrée“, die schon im
Titel den neoklassizistischen Einschlag verrät;
duftende Arpeggien begleiten die „Mélodie“, mit
der die „Pièces Impromptues“ eröffnen.
Mehrwert
Als Zugabe und absoluter Neuentdeckung dieser
Einspielung „Regrets“ – nicht, dass es etwas zu
bedauern gäbe, aber vielleicht passt dieser
Schluss direkt aus dem Manuskript gespielt
besonders gut zu Enescus sprichwörtlicher
Bescheidenheit, die ganz im Gegensatz zur
klanglichen Opulenz seiner Werke steht. Der
Steinway-Konzertflügel „Manfred Bürki“ ist hier in
seinem Element, und die sensibel eingesetzte
Tontechnik bringt Sina Klokes Klangkultur auf
dieser perfekt ausbalancierten Super Audio CD
aufs Vorteilhafteste zum Leuchten.