Doppeldecker
Was hat Franz Liszt mit Erik Satie gemeinsam? Der
brillante Virtuose und Magier pianistischer Opulenz
mit dem minimalistischen Klangasketen? Steffen
Schleiermacher hat im nahezu unbekannten Spätwerk
des einen erstaunliche Parallelen zum etwa zeitgleich
entstandenen Frühwerk des anderen entdeckt.
Gemeinsam mit Gewandhauskonzertmeister Andreas
Seidel präsentiert er seine frappanten Erkenntnisse
nun dem Publikum – Überraschungen garantiert!
Abzieher
Die Verwandtschaft ist sofort ohrenfällig:
Außerordentlich karg kommen Liszts späte
Klavierstücke daher; Einstimmigkeit bestimmt über
weite Strecken das Klanggeschehen, und von
romantischer Üppigkeit ist nun wirklich nichts mehr
übriggeblieben. Als „enthäutete Musik“ hat Erik Satie
seinen eigenen Kompositionsstil einmal beschrieben -
keine Bezeichnung könnte für Liszts späte Werke
treffender sein!
Hellseher
Ab und zu wehen Anklänge an vergangene Zeiten
herüber, so in der „Romance oubliée“, bevor die
vergessene Romanze im ätherischen Nichts zerfasert.
Und immer wieder ist Richard Wagner präsent: Liszts
durchaus zwiespältiges Verhältnis zu seinem
Schwiegersohn, dessen Tod in Venedig er visionär
vorausahnte, findet seinen Niederschlag in den
beiden „Trauergondeln“ und - nach Wagners
tatsächlichem Hinscheiden – im herzzerreißendniederschmettern-
den „R. W. – Venezia“.
Türöffner
Satie hingegen kehrte als Hauskomponist des
wagnerbesessenen Sar Peladan und seiner
Rosenkreuzer die in ihn gesetzten Erwartungen
geradezu ins Gegenteil: Statische Klänge und
entwicklungslose Abfolgen von unaufgelösten
Akkorden versetzen seine Musik in eine permanenten
Schwebezustand, der ohne Anfang und Ende
auskommt. Damit öffnete er nachfolgenden
Komponistengenerationen eine Tür, durch die auch
Franz Liszt, wäre er etwas jünger gewesen, sicher
noch gerne gegangen wäre.